Das Alte gilt nicht mehr

In dem Roman „Die Telefonzelle am Ende der Welt“ von Laura Messina steht im Mittelpunkt eine Telefonzelle auf einem Hügel, am Rande des Meeres. Sie hat keinen Anschluss, doch Überlebende eines Tsunami gehen dorthin, um mit ihren verstorbenen Angehörigen zu sprechen. Es entsteht dort ein Raum der Intimität. Der Wind trägt das Gesprochene fort und es ist, als ob der Wind eine Antwort zurückbringt. Über diese Telefonzelle entsteht eine Liebesgeschichte zweier Menschen, die Partner, Kind, Mutter in dem Tsunami verloren haben. Langsam, ganz langsam kommen sie wieder im Leben an und neues Leben entsteht.

Der brutale Angriffskrieg fegt wie ein Tsunami durch die Ukraine, Russland, Europa, die Welt…. Leben werden vernichtet, Wunden tief gerissen. Bisherige Gewissheiten sind fraglich, Modelle über die Wirklichkeit lösen sich auf. Da und dort mag uns Verdrängung und Verleugnung noch zu schützen und auch in diesen Zeiten ist die Versuchung groß, weiterhin der westlichen Dekadenz und Doppelmoral zu frönen oder auf dem Markt der Deutungen halbgar kundzutun, was richtig ist.

Dieser Tage höre ich immer wieder: „alles, woran ich geglaubt habe ist zerbrochen“. Diese Erschütterung, sofern sie echt und gefühlt ist, empfinde ich um vieles ehrlicher. Und ich finde das Bild von der Telefonzelle tröstlich. In den Wind dieser Tage zu hören. Langsam, ganz langsam, doch unaufhörlich. Bis…..

Wird er auch uns zu einem viel tieferen Sinn für die Zusammenhänge des Friedens erwachen lassen? Zu einer “Kultur des Friedens“, die im Großen und im Kleinen heraustritt aus dem „Krieg gegen die Erde“ (Guterrez), den größenwahnsinnigen imperialen Kriegen um Macht und Ressourcen, den Kriegen, die diese gemeinsame Erde neu nach ihren Eigeninteressen vermessen möchten und selbst die Leichen noch verminen. Einer „Kultur des Friedens“, die widerstandsfähig ist und alles dafür tut, um Leben zu schützen und Kriege zu beenden. Einer „Kultur des Friedens“, die in einem inneren Frieden gründet, die Ehrfurcht vor allem Leben hat und das Leben als gemeinsam geteiltes liebt?