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Tor

Von Jakushitsu Genko (1290 – 1367) stammt der folgende Satz: „Ich sehe tausend Gipfel und stoße das Tor auf“. In den Wogen der Zeit, selbst den bedrohlichsten, in den Ereignissen des persönlichen Lebens, selbst des abgründigsten, in der Vielzahl der Wahlmöglichkeiten gibt es ein Tor zu entdecken: das Dharma-Tor zum Leben. Welches Tor gilt es gerade jetzt aufzustoßen?

Erdüberlastungstag

„Erdüberlastungstag“ – wieder so früh. Acht Monate zu früh. Ich höre wieder mehr Flugzeuge fliegen, Autos, Laster und  Motorräder fahren. Schon wieder bleibt der Regen aus. Wenn sich alles so langsam lockert und wieder „normal“ wird, wohin geht die Reise? Haben wir verstanden – ein Lieblingssatz unserer Tage – haben wir wirklich verstanden? Ich hoffe, wir lassen nicht nach, Achtsamkeit und Intersein zu üben und alles Wirkliche in unsere Entscheidungen mit einzubeziehen.   

Seid ganz wach

Viele haben Angst, dass sich ihnen nahe Menschen anstecken. Viele setzen sich der Ansteckung aus, um zu helfen. Viele haben Angst, dass das Unternehmen Konkurs geht. Viele vor allem allein Lebende fühlen sich isoliert. Viele leben beengt und das ist schwer auszuhalten. Vielen tut es im Herzen weh zu sehen, wie nun schon kleine Kinder lernen müssen, mit andern nichts zu tun haben zu sollen, um keine Infektion weiterzugeben. Die Krise saugt immer mehr ein.

Für Menschen auf dem Zen-Weg wird der Abendruf hautnah und erschließt, wie wir in dieser Wirklichkeit stehen:
„Eines leg ich Euch allen ans Herz,
Leben und Tod sind eine ernste Sache,
schnell vergehen alle Dinge,
seid ganz wach,
niemals achtlos, niemals nachlässig.“

Gehen

Ich komme gerade von einem Sesshin zurück und freue mich noch über das wache und intensive Üben der Teilnehmer/innen. Dogen schreibt im Genjokoan etwas frei übersetzt: „Den Zen-Weg zu gehen heißt sich selbst zu gehen. Sich selbst zu gehen heißt sich selbst vergessen.“ Diese Stelle hatten wir im Sesshin leiblich geübt. Und wir haben dann ausprobiert, wie wir im „normalen“ Alltag gehen und wie dies unser Bewusstsein und unsere Wahrnehmung verändert. Es lagen Welten zwischen beiden Weisen des Gehens. Wir sind frei, daraus die Schlüsse zu ziehen die wir zu ziehen bereit sind.

Mitgefühl

Die Realität so zu sehen, wie sie ist, ist kaum zu ertragen. Bombenangriffe in Idlib, Flüchtlingsdrama an der griechisch-türkischen Grenze, Hass in unserem Land, Prognosen der Erderwärmung…..Können wir unseren Lebensstil weiter so pflegen wie bisher? Geht dies ohne Verdrängung, Verleugnung, Projektion, Umdeutung?

„Ruf mich bei meinem wahren Namen, so dass ich aufwachen und die Tür meines Herzens offen halten kann, die Tür des Mitgefühls“. Dieser Satz von Thich Nhat Hanh steht über meinem Schreibtisch. Ich hoffe, unsere Zen-Praxis ruft uns bei unserem wahren Namen.